Anatomische Gegebenheiten

Obwohl wir Menschen im Grundaufbau gleich sind, haben wir doch unterschiedliche Gegebenheiten. Unsere individuelle Genetik. Im Kraftsport spielt dies durchaus eine nicht zu unterschätzende Rolle. Je nach dem wie lang deine Extremitäten sind, hast du unterschiedliche Voraussetzungen für verschiedene Übungen. Das bedeutet aber auch, dass du nie in allen Übungen genetisch gesegnet sein wirst. Um es dir an einem Beispiel zu verdeutlichen: Lange Arme zu haben ist perfekt fürs Kreuzheben! Du musst die Stange über einen viel kürzeren Weg nach oben bewegen als jemand mit kurzen Armen. Allerdings verhält es sich damit genau umgekehrt beim Bankdrücken. Durch die langen Arme hat man einen längeren Weg in den Lockout (die Endposition). Bei der Kniebeuge sind dann beispielsweise kurze Oberschenkel vorteilhaft, die dafür sorgen, dass dein Oberkörper aufrechter bleibt. Aber auch nur, wenn der Torso ebenfalls moderat lang oder lang ist. Hast du hingegen einen kurzen Torso, dann kommen dir wiederum lange Unterschenkel und eine gute Sprunggelenkbeweglichkeit zugute…
Du siehst: Individuelle anatomische Gegebenheiten oder auch “Biomechanik” spielt eine große Rolle und beeinflusst die Übungsausführung. Aus diesem Grund gibt es auch nicht DIE perfekte Ausführung und pauschale Aussagen wie “Deine Standweite muss hüftbreit sein”, sind nicht haltbar. Sie können grobe Richtwerte zur Orientierung sein, aber von dort aus muss man justieren und die für sich persönlich optimale Ausführung finden. Einmal gefunden, muss das auch noch nicht mal heißen, dass die Ausführung für immer so bleibt. Die Technik einer Übungsausführung ist meist ein stetiger Wandel.

Von den ganzen Vor- und Nachteilen bezüglich der Lastbewältigung abgesehen, beeinflussen deine individuellen Hebel auch die Auswahl der Übungsvarianten. Zwar bist du nicht dazu gezwungen, aber in einigen Fällen wird es nötig sein eher die eine statt die andere Variante zu wählen, um entweder deine Hebelverhältnisse optimal zu nutzen oder auch eine fehlerhafte, möglicherweise verletzungsanfällige Übungsausführung zu vermeiden. Damit meine ich beispielsweise ein konsequentes Einrunden im Bereich der Lendenwirbelsäule, was langfristig zu starken Verschleißerscheinungen führen kann.

Ein Beispiel für die optimale Ausnutzung der individuellen Hebelverhältnisse: Eine Person mit kurzen Armen, eventuell auch noch kurzem Torso, aber langen Beinen wird meistens im Sumo-Kreuzheben wesentlich stärker sein, als im konventionellen Kreuzheben, da die Person durch die größere Standweite eine aufrechtere Oberkörperposition erlangt. Diese wieder bewirkt, dass weniger Last auf dem Rücken liegt und mehr Kraft aus der Oberschenkelmuskulatur geholt werden kann. Bei der Kniebeuge wirst du, wenn du kurze Unterschenkel, lange Oberschenkel und einen langen Torso hast, sowieso schon sehr weit vorgelehnt mit dem Oberkörper beugen. Wenn du dich jetzt noch für eine Lowbar-Kniebeuge entscheidest, würde der Hüftwinkel noch kleiner werden, als er sowieso schon ist. Hier bietet sich vielleicht eher eine Highbar-Kniebeuge an, damit der Oberkörper aufrechter bleibt, du mehr Kraft aus dem Quadriceps holen kannst und im Verhältnis dazu die Belastung auf dem unteren Rücken geringer wird. Möglicherweise könntest du sogar mit einer Frontkniebeuge am besten klar kommen. Dabei bist du noch aufrechter bist als bei der Highbar-Kniebeuge.

Abschließend sollte jedoch noch gesagt werden, dass niemand dir eine pauschale Antwort geben kann, welche Übungswahl für dich optimal ist. Sowas kann man nur beurteilen, wenn man dich denn wirklich vor sich stehen hat und sich deine Übungsausführungen anschaut. Am besten ist es also, wenn du dich selbst ein wenig mit deiner Anatomie auseinandersetzt. Denn wenn du daran interessiert bist, so stark wie möglich zu werden, führt auf lange Sicht fast schon kein Weg daran vorbei. Nur so kannst du abwägen, was für dich selbst am besten geeignet ist.

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