Calciferol (Vitamin D)
Gliederung
- Einleitung
- Photobiologie
- Vitamin D aus der Nahrung
- Funktionen im Körper
- Mangel und mögliche Folgen
- Personengruppen mit erhöhtem Mangelrisiko
Einleitung
Genau genommen ist Vitamin D ein Gruppenname für alle Steroide, welche die biologische Wirkung des Cholecalciferols aufweisen. Zu Vitamin D an sich gehören Cholecalciferol (Vitamin D3) und Ergocalciferol (Vitamin D2). Zum größten Teil wird Vitamin D durch Einstrahlung von UV-Licht (Sonneneinstrahlung) in der Haut produziert. Jedoch können geringe Mengen auch durch die Nahrung aufgenommen werden. Im Körper wird Vitamin D dann in seine hormonell aktive Form “Calcitriol” umgewandelt.
Photobiolgie
Der Großteil der natürlichen Vitamin D Versorgung erfolgt durch die Sonneneinstrahlung, genauer gesagt durch UVB-Strahlen (Wellenlänge von 282 bis 310nm). Treffen diese auf nackte Haut, so wird 7-Dehydrocholesterin zu Prävitamin D3 konvertiert. Dieses Prävitamin D3 hat allerdings eine instabile Molekülform, weshalb es sehr schnell durch die Hautwärme in Vitamin D3 übergeht. Diese UVB-Strahlen sind jedoch nicht immer gleich effektiv. Zu den Faktoren, die die UVB-Bestrahlung und Vitamin-D-Synthese beeinflussen können, gehören zum Beispiel die Jahreszeit, die geographische Lage, Smog in der Umwelt, aber auch die Tageszeit und das Wetter sowie der Melaningehalt der Haut und die Nutzung von Sonnencreme. Bezüglich der geographischen Lage und der Jahreszeit ist es so, dass die UVB-Strahlung überhalb 42° nördlicher Breite im Zeitraum von November bis Februar zu gering ist, um über die Haut Vitamin D zu produzieren. Unterhalb 34° nördliche Breite ist die UVB-Strahlung das ganze Jahr über hoch genug um Vitamin D über die Haut zu synthetisieren. Für den deutschsprachigen Raum bedeutet das, dass man nur in den Sommermonaten und bezüglich der Tageszeit (Stichwort: Sonnenwinkel) nur zwischen etwa 10 und 16 Uhr effektiv Vitamin D über die Haut synthetisieren kann. Da die Vitamin D-Synthese nur bei Sonnenbestrahlung der nackten Haut geschieht, ist je nach Grad der Bekleidung gegebenenfalls eine Bestrahlungszeit von mehreren Stunden notwendig. Bedenkt man jedoch, dass UV-Strahlung ein starkes Karzinogen ist (krebserregend), steigt durch eine derart ausgeprägte Sonnenexposition das Hautkrebsrisiko enorm an.

Aus dem Grund sollte man bei längerer Sonnenaussetzung lieber mit Sonnencreme die Sonne genießen. Da Sonnencremes mit Lichtschutzfaktor 8 oder höher bereits nahezu sämtliche UVB-Strahlen blockieren und somit die Vitamin-D-Produktion verhindern, ist es ratsam den Vitamin-D-Bedarf (vor allem im Winter) durch ein Nahrungsergänzungsmittel abdecken.
Zum Aspekt des Wetters lässt sich zeigt sich, dass dichte Bewölkung die UVB-Einstrahlung zu etwa 50% reduziert, Schatten und Smog sogar bis zu etwa 60%. Außerdem können UVB-Strahlen Glas nicht durchdringen, weshalb eine Vitamin-D-Produktion durch ein Fenster hindurch kaum möglich ist.
Vitamin D aus der Nahrung
Vitamin D, welches wir durch die Nahrung aufnehmen, diffundiert in die Enterozyten im Dünndarm. Hierfür notwendig ist die Synthese von Mizellen, die Anwesenheit von Nahrungsfett, sowie die Emulgierung durch Gallensalze. Somit können etwa 80% des Vitamin D aus der Nahrung absorbiert werden. Sobald Vitamin D in die Enterozyten gelangt ist, wird es dort in Chylomikronen eingebaut. Diese werden anschließend in das Lymphsystem und schließlich ins Blut transportiert.
Funktionen im Körper
Vitamin D hat im menschlichen Körper diverse Aufgaben. Dazu gehört beispielsweise die Regulierung der Transkription. Als Steroidhormon bindet Vitamin D an sogenannten Vitamin-D-Rezeptoren (VDR) und beeinflusst somit die Genexpression. Ebenso binden diese Vitamin D-VDR-Komplexe häufig an Retinsäurerezeptoren oder Retinoid X -Rezeptoren, welche im weiteren Verlauf mit anderen Rezeptoren reagieren und ebenfalls die Genexpression beeinflussen.
Neben der Transkription reguliert Vitamin D, genauer gesagt Calcitriol, auch die Kalzium-Absorption im Dünndarm. Komplexe aus Vitamin D und VDR erhöhen die Genexpression von Proteinen, die für die Calciumaufnahme notwendig sind. Das Gen für Calbindin, welches ein calciumbindendes Protein ist und Teil des Transportsystems für den transzellularen Trainsport von Kalzium ist, enthält zum Beispiel ein calcitriolempfindliches Element. Aber nicht nur die Absorption, sondern auch die Kalzium-Homöostase und -Rückresorption in den Nieren wird durch Vitamin D beeinflusst. Erkennt der Körper eine Unterversorgung (Hypokalzämie), schüttet er Parathormon (PTH) aus, welches folglich in den Nieren die 1-α-Hydroxylase stimuliert. Das bewirkt, dass vermehrt Calcitriol hergestellt wird. Zusammen wirken Calcitriol und PTH dann auf die Rückresorbtion von Kalzium sowie Phosphat. Dieser Effekt bleibt jedoch aus, wenn kein PTH vorhanden ist.
Im Verbund können Calcitriol und PTH ebenfalls die Produktion, Reifung und Funktion von Osteoklasten stimulieren. Osteoklasten sind Zellen, welche Minerale aus dem Knochen mobilisieren und somit langfristig Knochensubstanz auflösen können.
Zur Regulierung der Knochenmasse gehört allerdings auch der Aufbau der Knochenmasse. Dieser kommt durch die Gegenspieler der Osteoklasten, den Osteoblasten zustande. In den Osteoblasten befinden sich Calcitriol-Rezeptoren. Durch Bindung von Calcitriol werden vermehrt Proteine hergestellt, die am Aufbau der Knochenmatrix und der Calcifikation des Knochens beteiligt sind. Dazu gehören unter anderem Calbindin, Osteocalcin, Matrix-Gla-Protein, Osteopontin, Typ I Kollagen.
Mangel und mögliche Folgen
Vitamin D Mangel ist sehr häufig vorzufinden. Die Ursache ist meist die Kombination mehrerer Faktoren. Dazu gehören eine zu geringe Aussetzung gegenüber Sonnenlicht, schlechte Ernährung, ein erhöhter Bedarf, erhöhte Ausscheidung sowie verminderte Absorption und Nutzung im Körper. Besonders im Säuglingsalter und der frühen Kindheit besteht ein hohes Mangelrisiko, da in der Muttermilch oft nicht ausreichend Vitamin D enthalten ist. Aus diesem Grund könnte es von Vorteil sein Kindern
schon gleich nach der Geburt und ab da weiterhin über Nahrungsergänzungsmittel 400 IU Vitamin D täglich zu verabreichen. Ich verweise hier dennoch darauf, zunächst mit einem Arzt darüber zu sprechen. Die zusätzliche Einnahme von Vitamin D über ein Nahrungsergänzungsmittel ist ebenso empfehlenswert im höheren Alter, sofern Vitamin D nicht anderweitig abgedeckt werden kann. Im hohen Erwachsenenalter (50+) besteht bereits ein erhöhtes Mangelrisiko. [1] Mit dem Alter ist die Haut weniger effizient in der Synthetisierung von Vitamin D und die Nieren werden ineffizienter in der Umwandlung von Vitamin D in seine hormonell aktive Form. [2]

Klassische Mangelkrankheiten sind Rachitis und Osteomalazie. Die fehlerhafte Mineralisierung der Knochen ist typisch für diese Erkrankungen. Als Folge kommt es zu weichen Knochen und Missbildungen im Skelett. Etwa die Hälfte aller Erwachsenen mit Hüftfrakturen in den USA weisen zu geringe Vitamin D Spiegel (<12ng/mL) auf, was auf einen Zusammenhang hindeutet. [3]
Wie bereits zuvor erwähnt, spielt Vitamin D eine entscheidende Rolle bei der Kalziumabsorption. Ist zu wenig Vitamin D vorhanden, können auch nur geringere Mengen an Kalzium aufgenommen werden. Diese Kombination aus Vitamin-D-Mangel und verminderter Kalziumaufnahme führt langfristig zu einer weiteren typischen Krankheit: Osteoporose. Durch ausreichend gefüllte Vitamin-D-Speicher kann die Knochenkraft gut erhalten werden und Risiko zur Entwicklung von Osteoporose deutlich gemindert werden. Eine Supplementierung von 700-800 I.U. Vitamin D gepaart mit 500-1200mg Calcium am Tag zeigte sich wirkungsvoll, um das Risiko für Stürze, Frakturen und den Verlust von Knochenmasse bei älteren Personen zu verringern. [3]
Ein weiterer Bereich, der einen Zusammunghang mit Vitamin D zu haben scheint ist Krebs. Vitamin D zeigt protektive Wirkung gegen verschiedene Krebsarten, wie beispielsweise Dickdarmkrebs. [4] Auch das Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs scheint einen Zusammenhang mit Vitamin D aufzuweise. So ergab eine Untersuchung an finnischen Rauchern, dass diejenigen mit dem niedrigsten Vitamin D Spiegeln ein dreifach höheres Risiko hatten, als die mit dem höchsten Vitamin D Spiegel. [5] Eine weitere Studie in der sich 3121 Erwachsene (50+ Jahre) einer Kolonoskopie unterzogen, zeigte bei 10% der Personen kanzerogene Läsionen. Diejenigen mit der höchsten Vitamin D Aufnahme hatten das geringste Risiko für diese Läsionen. [6] Hier muss aber beachtet werden, dass diverse Faktoren mit reinspielen, die nicht alle erfasst und mit einbezogen werden können.
Neben diesen Erkrankungen können schlechte Vitamin D Spiegel außerdem zu einer Reihe von infektiösen Krankheiten führen. So könnte eine adäquate Vitamin D Aufnahme möglicherweise positive Effekte auf Erkrankungen wie Tuberkulose, Grippe und Atemwegsinfektionen haben. [7]
Den eigenen Vitamin D-Spiegel kann man in den meisten Fällen beim Hausarzt testen lassen. Mangelzustände werden wie folgt klassifiziert:
- Starker Mangel (<30 nmol/L bzw. 12 ng/ml)
- Mangel (zwischen 30-50 nmol/L bzw. 12-20 ng/ml)
- Ausreichend (zwischen 50-125 nmol/L bzw. 20-50 ng/ml)
- Hoch (>125 nmol/L bzw. >50 ng/ml)
1 ng/ml entspricht 2,5 nmol/L
Personen mit erhöhtem Mangelrisiko
Gestillte Kinder
Besonders im Säuglingsalter und der frühen Kindheit besteht ein hohes Mangelrisiko, da in der Muttermilch oft nicht genügend Vitamin D enthalten ist. [8, 9] Die durchschnittlichen Werte belaufen sich hier auf <25 IU/L bis 75 IU/L. [10] Da der Vitamin D Gehalt der Muttermilch mit der Vitamin D Aufnahme der Mutter zusammenhängt, kann das Risiko für einen Mangel des Säuglings vermieden werden, wenn die Mutter bspw. Vitamin D supplementiert. [10]
Ältere Erwachsene
Auch im hohen Erwachsenenalter (50+) besteht ein erhöhtes Mangelrisiko. [1] Mit dem Alter ist die Haut weniger effizient in der Synthese von Vitamin D und die Nieren werden ineffizienter in der Umwandlung von Vitamin D in die hormonell aktive Form. [2] Außerdem verbringt man oftmals weniger Zeit draußen unter direkter Aussetzung von Sonnenstrahlen und die Aufnahme von Vitamin D über die Nahrung ist häufig ebenfalls geringer. [8]
Personen mit begrenzter Aussetzung gegenüber Sonnenlicht
Es gibt eine Reihe von Gründen, warum einige Menschen kaum der Sonne ausgesetzt sind. Betroffen sind beispielsweise Menschen, die aufgrund des Alters oder Krankheiten fast nur im Haus sind. Auch Schichtarbeiter bzw. generell Personen mit Arbeitszeiten, die dazu führen, dass man kaum Sonnenlicht bekommt. Ebenso kritisch ist es bei Frauen, die aus religiösen Gründen lange Kleider und Kopftücher tragen. Diese Personengruppen haben in den meisten Fällen unzureichende Vitamin D Spiegel. [11, 12] Hier ist eine Supplementierung fast unausweichlich.
Personen mit krankheitsbedingter Fettmalabsorption
Vitamin D ist ein fettlösliches Vitamin, weshalb die Absorptionsrate davon abhängig, inwiefern der Magendarmtrakt Fett absorbieren kann. Fettmalabsorption tritt häufig im Zusammenhang mit diversen Erkrankungen wie zum Beispiel Mukoviszidose, Zöliakie, Lebererkrankungen, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. [8, 13, 14] Sollte bereits eine dieser Erkrankungen vorliegen, könnte das ein Hinweis darauf sein, dass auch der Vitamin-D-Spiegel mangelhaft ist. Für Personen mit einer Fettmalabsorption ist es daher ratsam über eine Supplementierung von Vitamin D nachzudenken. [13]
Übergewichtige und Personen mit Magenbypass
Im Durchschnitt haben Personen mit einem BMI von über 30 niedrigere Serum-25(OH)D-Level im Vergleich zu normalgewichtigen Personen. Folglich benötigen sie größere Mengen Vitamin D als üblich, um gleiche Werte zu erhalten. [8] Das hat nichts mit verringerter Fähigkeit der Haut zur Vitamin D Synthese zu tun, sondern ist darin begründet, dass Vitamin D im Fettgewebe gespeichert wird. Es werden also größere Mengen im Fettgewebe eingespeichert und weniger bleibt direkt im Blut. Hat man sich einer Magenbypassoperation unterzogen, so wird ein Teil des Dünndarms umgangen, wo normalerweise die Absorption von Vitamin D stattfindet. Das kann auf Dauer zu einem defizitären Vitamin-D-Status führen. Die Speicher im Fettgewebe können dies oftnicht kompensieren. [15, 16]
Quellen
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Davis CD, et al. Vitamin D and cancer: current dilemmas and future needs. Nutr Rev. (2007)
Stolzenberg-Solomon RZ, et al. A prospective nested case-control study of vitamin D status and pancreatic cancer risk in male smokers. Cancer Res. (2006)
Liebermann DA, et al. Risk Factors for Advanced Colonic Neoplasia and Hyperplastic Polyps in Asymptomatic Individuals. JAMA. 290;(22) (2003)
Yamshchikov AV, et al. Vitamin D for treatment and prevention of infectious diseases: a systematic review of randomized controlled trials. Endocr Pract. (2009)
A. Catharine Ross, Christine L. Taylor, Ann L. Yaktine, and Heather B. Del Valle. Dietary Reference Intakes for Calcium and Vitamin D. Institute of Medicine. (2011)
Picciano MF. Nutrient composition of human milk. Pediatr Clin North Am. (2001)
Wagner CL, et al. Prevention of rickets and vitamin D deficiency in infants, children, and adolescents. Pediatrics. (2008)
Webb AR, et al. Influence of season and latitude on the cutaneous synthesis of vitamin D3: exposure to winter sunlight in Boston and Edmonton will not promote vitamin D3 synthesis in human skin. J Clin Endocrinol Metab. (1988)
Webb AR, et al. An evaluation of the relative contributions of exposure to sunlight and of diet to the circulating concentrations of 25-hydroxyvitamin D in an elderly nursing home population in Boston. Am J Clin Nutr. (1990)
Pappa HM, et al. Vitamin D status in gastrointestinal and liver disease. Curr Opin Gastroenterol. (2008)
Shils ME, et al. Modern Nutrition in Health and Disease. Neunte Ausgabe
Malone M, et al. Recommended nutritional supplements for bariatric surgery patients. Ann Pharmacother. (2008)
Compher CW, et al. Vitamin D and the bariatric surgical patient: a review. Obes Surg. (2008)