Trainingsprinzipien
Gliederung
- Einleitung
- Spezifität
- Progressive Belastungssteigerung
- Ermüdungsmanagement
- Regeneration & Adaptation
- Variation
- Phasenunterteilung
- Individuelle Unterschiede
Einleitung
Beim Aufbau einer strukturierten Trainingsplanung gilt es das ein oder andere zu beachten, um am Ende so optimal wie möglich zu trainieren und die bestmöglichen Fortschritte zu verzeichnen. Deshalb möchte ich dir in diesem Artikel die wichtigsten Aspekte kurz erläutern, die du berücksichtigen solltest, wenn du dein Training selber planen möchtest. Diese Prinzipien sind nach absteigender Wichtigkeit geordnet. Jedoch soll das nicht heißen, dass die letzten Prinzipien unwichtig sind, sondern nur, dass du dich ein wenig vom Optimum entfernst, wenn du sie nicht beachtest, allerdings trotzdem noch Fortschritte machen wirst.
Diese Trainingsprinzipien gelten für so ziemlich jede Sportart, werden hier aber auf das Krafttraining bezogen. Sie sind grundlegende Pfeiler einer langfristigen Trainingsplanung. Ich breche für dich die einzelnen Aspekte auf das Wesentliche herunter, versuche aber dennoch anhand von Beispielen alles so gut wie möglich zu verdeutlichen. Falls du dich über die einzelnen Aspekte nochmal etwas detailreicher informieren möchtest, lege ich dir das Werk “Scientific Principles of Strength Training” ans Herz.
Nun genug gelabert, lass uns schauen was die Trainingsprinzipien aussagen.
Spezifität
Das Prinzip der Spezifität bedeutet, dass wir das trainieren sollten, worin wir besser, schneller, stärker, koordinierter, effizienter oder was auch immer werden wollen. Das Training sollte also darauf ausgelegt sein, dass die gewünschten Anpassungen erreicht werden können und alles, was man im Training macht, einen Hintergrund hat, der zum gesetzten Ziel führt. Um das ganze mal simpel an einem Beispiel zu verdeutlichen:
Das Ziel ist es, in der Kniebeuge sowohl eine Technikverbesserung zu erreichen, als auch die Maximalkraft zu erhöhen.
Unter Beachtung des Spezifität-Prinzips enthält das Training für diese Zielsetzung zum einen natürlich klassische Kniebeugen in der Variation, in der das Ziel gesetzt ist (z.B. Low-Bar-Kniebeuge), zum anderen auch Variationen der Kniebeuge wie bspw. eine pausierte Kniebeuge, die uns zwingt im Umkehrpunkt in einer optimalen Position zu bleiben und somit einen koordinativen Übertrag auf unsere Lowbar-Kniebeuge hat. Und um zusätzlich die Muskulatur zu stärken, die wir für die Kniebeuge benötigen, machen wir noch Bulgarian Split Squats, die zwar einbeinig sind, aber dennoch eine Ähnlichkeit mit der Kniebeuge aufweisen. Ein Auszug aus dem Training könnte dann wie folgt aussehen:
3×6 Lowbar-Kniebeuge
3×4 2ct Pausierte Kniebeuge
2×12 Bulgarian Split Squats
Beachten wir nun das Prinzip der Spezifität nicht, werden wir vermutlich irgendwas machen, aber nicht das, was uns beim Erreichen unseres Ziels weiterhilft. Wir machen vielleicht Frontkniebeugen, weil uns die viel mehr Spaß machen. Im Anschluss machen wir keine Bulgarian Split Squats, weil die ja zu anstrengend sind, da gehen wir lieber an den Beinstrecker, da müssen wir uns nicht mehr auf die Koordination konzentrieren. Also machen wir hier ein paar Sätze. Im Anschluss kann man dann ja auch einfach nochmal aufs Laufband gehen, da werden die Beine ja auch gebraucht. Okay unser Training sieht jetzt wie folgt aus:
3×10 Frontkniebeugen
3×15 Beinstrecker
45 Minuten Laufband
Jetzt schau dir beide Trainings noch einmal an und überlege kurz, welches wahrscheinlich mehr helfen wird, um in der Lowbar-Kniebeuge koordinativ besser und insgesamt stärker zu werden. Du entscheidest dich für das erste Training? Gut, richtig. Jetzt fragst du dich vielleicht, warum man dann nicht einfach nur Lowbar-Kniebeugen macht, wenn Spezifität doch so wichtig ist. Kein abwegiger Gedanke, allerdings kommen da dann auch noch ein paar der anderen Prinzipien ins Spiel. Um diesen Abschnitt hier kurz und einfach zu halten, sollst du mitnehmen, dass Kraft spezifisch ist. Dementsprechend trainieren wir mit dem ersten Training durch jede Übung eine Variante der Kniebeuge, wir sind also sehr nah an unserer Zielübung und der Übertrag auf die Lowbar-Kniebeuge in diesem Fall ist wesentlich größer. Bei dem zweiten Training tun wir dies nur mit der Frontkniebeuge, die allerdings durch die komplett andere Griffart weniger Übertrag auf die Lowbar-Kniebeuge hat, als es die Lowbar-Kniebeuge selbst, oder die pausierte Kniebeuge hat. Mit dem Beinstrecker trainieren wir isoliert nur die Kniestreckung, also einen kleinen Teil, der letztendlichen Kniebeugebewegung. Wir trainieren damit aber die Kniestreckung in einem Szenario, dass wir in der Kniebeuge nicht haben und zwar isoliert und mit einer anderen Gelenkstellung. Und mit den 45 Minuten Laufband trainieren wir ganz andere Qualitäten, die uns für unser Ziel überhaupt nichts bringen und im schlimmsten Fall uns eher weiter vom Ziel entfernen. Ist dieses Lauftraining sehr intensiv, so ist es nicht nur nicht zielführend, sondern auch kontraproduktiv, da es uns zusätzliche Regenerationskapazitäten raubt (siehe “Regeneration“). Das Wichtigste, was du dir hiervon merken solltest: Der Großteil der Übungen, die du auswählst, sollten dir in irgendeiner Weise helfen dich in den Übungen zu verbessern, in denen du stärker werden willst. Das heißt sie sollten entweder dafür sorgen, dass du die Bewegung/Ausführung verbesserst oder, dass du mehr Muskelmasse in den an der Übung beteiligten Muskeln aufbaust. Darauf sollte der Fokus liegen. Was dann noch an Regenerationskapazitäten übrig ist, kann in unspezifischere Übungen investiert werden, auf denen weniger der Fokus liegt.
Nun muss sich Spezifität allerdings nicht nur auf die Übungsauswahl beziehen, sondern betrifft auch den restlichen sportlichen Umfang bzw. sportliche Fähigkeiten/Qualitäten. Dabei unterscheidet man verschiedene Kategorien an Qualitäten, die mehr oder eben weniger gut miteinander vereinbar sind. So ergänzen sich beispielsweise höchstspezifisches Maximalkrafttraining und generelles Krafttraining sehr gut. Hypertrophietraining lässt sich auch noch recht gut damit vereinbaren. Training, welches auf die Entwicklung der Schnellkraft abzielt, hat zwar auch noch einen gewissen Synergieeffekt, ist jedoch schon wesentlich weiter entfernt. Beweglichkeitstraining hat dann schon nicht mehr wirklich etwas mit Maximalkrafttraining zu tun und Ausdauertraining verbessert völlig andere Qualitäten, die sich nur noch minimal positiv, je nach Umfang aber eher kontraproduktiv auf die Entwicklung der Maximalkraft auswirken. Je mehr Umfang das unspezifischere Training annimmt, desto schlechter werden wahrscheinlich die Fortschritte für das primäre Ziel sein.
Spezifität ist wichtig, muss aber auch nicht das ganze Jahr über in ihrer höchsten Form gegeben sein. Vor allem für Anfänger und fortgeschrittene Trainierende wird der Großteil der Trainingszeit im Jahr relativ unspezifisch sein (innerhalb des generellen Krafttrainings) und dennoch werden sie damit die besten Resultate haben. Wenn zudem kein Interesse an einem Krafttest in welcher Form auch immer besteht, besteht auch kein Grund das Training nach höchstmöglicher Spezifität auszurichten. Je mehr man in Richtung weit fortgeschritten bis Elite kommt (was das Leistungsniveau betrifft), desto mehr Zeit verbringt man wieder mit sehr spezifischem Training. Die zuvor angesprochene Abwendung von spezifischem Training wird später nochmal in den Abschnitten zu den Prinzipien Variation und Phasenunterteilung aufgegriffen.

Progressive Belastungssteigerung
Was das meint, ist letztendlich, dass unser Training über die Zeit immer fordernder werden muss. Wir müssen heute hart trainieren, aber beim nächsten mal ein bisschen härter als heute. Immer ein klein wenig mehr machen. Also natürlich nicht immer, die Tagesform spielt selbstverständlich auch eine Rolle und lässt dies gelegentlich mal nicht zu. Aber immer dann, wenn wir dazu in der Lage sind, überlastend zu trainieren, sollten wir das auch tun. Der Körper passt sich schließlich immer an genau das an, womit er konfrontiert wird. Wäre das bei jedem Training dasselbe, dann würde er sich auch nur einmal daran anpassen und anschließend auf diesem Stand bleiben. Das gilt es zu vermeiden und daher eine progressive Belastungssteigerung direkt einzuplanen und nicht erst sich im Training darüber Gedanken zu machen. Nun ist die Frage, womit man eine progressive Belastungssteigerung erreichen kann. Dafür gibt es mehrere Parameter, die man verändert werden können, um das Training von Einheit zu Einheit fordernder zu gestalten. Im Folgenden werde ich die wesentlichen bzw. praktikabelsten Parameter erläutern und Umsetzungsbeispiele nennen.
Parameter 1: Wiederholungszahl
Das Prinzip sollte schnell zu verstehen sein. Wenn ich heute meine 80kg auf der Beinpresse für 10 Wiederholungen in allen Sätzen bewege und beim nächsten Mal für 11 Wiederholungen, dann habe ich mich gesteigert. Natürlich geht das je nach Trainingsniveau unterschiedlich gut und schnell. Ein absoluter Anfänger kann ggf. tatsächlich jedes Mal, wenn er die Übung Beinpresse im Plan stehen hat in jedem Satz eine Wiederholung mehr machen. Gehen wir mal von drei Sätzen aus, sieht das dann wie folgt aus:
Montag: 80kg Beinpresse für 10 / 10 / 10 Wiederholungen
Mittwoch: 80kg Beinpresse für 11 / 11 / 11 Wiederholungen
Freitag: 80kg Beinpresse für 12 / 12 / 12 Wiederholungen
Nach ein paar Monaten Training wird es dann vielleicht nicht mehr ganz so schnell gehen, aber immer noch recht zügig. Es könnte wie folgt aussehen:
Montag: 110kg Beinpresse für 10 / 10 / 10 Wiederholungen
Mittwoch: 110kg Beinpresse für 11 / 11 / 10 Wiederholungen
Freitag: 110kg Beinpresse für 11 / 11 / 11 Wiederholungen
Montag: 110kg Beinpresse für 12 / 11 / 11 Wiederholungen
Das Prinzip ist hierbei letztendlich, dass man sich in einem Wiederholungsbereich von der unteren Wiederholungszahl zur oberen von Training zu Training steigert und sobald man die Wiederholungszahl der Obergrenze (in unserem Beispiel 10-12, also 12 Wiederholungen) erreicht hat und in (nahezu) allen Sätzen schafft, erhöht man beim nächsten Training das Gewicht um so viel Kilogramm, dass man wieder nur die Untergrenze an Wiederholungen damit schafft. Das soll allerdings nicht bedeuten, dass man in jedem Satz bis zum Muskelversagen trainiert. Das würde es sehr schwer machen im nächsten Satz überhaupt noch die angepeilten Wiederholungen ausführen zu können. Stattdessen sollte man sich in einem Bereich von einer bis vier Wiederholungen vor dem Muskelversagen aufhalten.
Parameter 2: Sätze
Nicht nur durch ein Mehr an Wiederholungen, sondern auch durch ein Mehr an ausgeführten Sätzen, kann man Progression erreichen. Diese “Satz-Progression” empfiehlt sich allerdings im Anfängerstadium eher weniger. Sinnvoll einsetzbar ist sie erst für Fortgeschrittenere. Dabei bezieht sich die Satz-Progression nicht auf eine einzelne Übung, sondern auf alle Übungen für eine Muskelgruppe. Von Mikrozyklus zu Mikrozyklus wird ein oder mehrere Sätze für die Muskelgruppe hinzugefügt.
Als Beispiel nehmen wir die Muskelgruppe Rücken und eine Mikrozykluslänge von einer Woche.
In Woche eins haben wir auf die Woche verteilt im Plan stehen:
Montag: 4 x 10-12 Kurzhantel-Rudern
Mittwoch: 3 x 8-10 Latzug
Samstag: 3 x 6-8 Rudern am Gerät
Das sind 4 Sätze + 3 Sätze + 3 Sätze = 10 Sätze in Woche 1 für den Rücken.
Gehen wir von einer Mesozykluslänge von 6 Wochen aus, wovon die letzte Woche ein Deload (Phase des Erschöpfungsabbau) ist, dann könnte es sein, dass wir in Woche 5 insgesamt 16 Sätze für die Muskelgruppe Rücken absolvieren. Woche zwei könnnte bspw. so aussehen:
Montag: 4 x 10-12 Kurzhantel-Rudern
Mittwoch: 4 x 8-10 Latzug
Samstag: 3 x 6-8 Rudern am Gerät
In Woche drei kommen dann zwei Sätze beim Rudern am Gerät hinzu und so weiter.
Die progressive Belastungssteigerung über die Erhöhung der Satzzahl kann auch mit der Erhöhung der Wiederholungszahl kombiniert werden.
Parameter 3: Technik
Dieser Parameter ist hauptsächlich im Anfängerstadium relevant. Es geht darum bei jeder Trainingseinheit seine Übungsausführung zu verbessern. Als Anfänger ist man noch ungeübt und noch nicht technisch effizient. Motorische Fähigkeiten und Muskel-Nerv-Verbindungen werden erst noch ausgebaut. Als Fortgeschrittener ist dies nur noch in einem deutlich geringeren Ausmaß der Fall. Die Technik wird sich nicht mehr stark verändern. Was allerdings auch für den Fortgeschrittenen noch relevant sein kann und man auch zum Aspekt der Technik hinzufügen kann, ist die Kadenz, also das Tempo in dem sich das Gewicht bewegt. Für den Muskelaufbau spielt unter anderem die “time under tension” (TUT), also die Zeit in der der Muskel unter mechanischer Spannung ist, eine Rolle. So ist es eine Verbesserung, wenn ich nicht mehr die Hantel beim Bankdrücken einfach auf meine Brust fallen lasse, sondern sie kontrolliert zwei Sekunden lang zu meiner Brust führe und somit in dieser Zeit dem Gewicht einen Widerstand entgegensetze.
Da man allerdings sowieso bemüht sein sollte von Anfang an eine möglichst gute und technisch effiziente Übungsausführung zu erlernen, ist dieser Parameter für die Trainingsplanung zu vernachlässigen. Technikverbesserungen sind gewissermaßen ein Automatismus.
Parameter 4: Intensität
Hierbei unterscheiden wir zwei Arten der Intensität: Die absolute und die relative Intensität.
Die absolute Intensität bezieht sich auf die individuelle Maximalkraft und wird meist prozentuell bei der Trainingsplanung angewandt.
Nehmen wir an unsere Maximalkraft im Kreuzheben liegt bei 100kg. Das ist das maximale Gewicht, welches wir für eine Wiederholung bewegen können, auch 1-RM (one repetition max) genannt. Dementsprechend wären 90% des 1-RM in unserem Fall 90kg, 75% 1-RM wären 75kg etc.
Auf die Trainingsplanung bezogen, kann bei kleinen Steigerungen der absoluten Intensität von Woche zu Woche, die Wiederholungszahl gleich bleiben, bei größeren Steigerungen nimmt in der Regel die Wiederholungszahl ab. Da in der Realität kleine Steigerungen der absoluten Intensität kaum praktisch umsetzbar sind (die meisten Studios ermöglichen durch Gewichtsscheiben nur eine Steigerung um mindestens 2,5kg), ist es meist besser das letztere Schema anzuwenden.
Ein sehr vereinfachtes Beispiel sieht wie folgt aus:
Schema 1:
Woche 1: 3 x 10 mit 70% Intensität -> 3 x 10 x 70kg
Woche 2: 3 x 10 mit 72% Intensität -> 3 x 10 x 72kg (aufgerundet 72,5kg)
Woche 3: 3 x 10 mit 74% Intensität -> 3 x 10 x 74kg (aufgerundet 75kg)
Schema 2:
Woche 1: 3 x 10 mit 70% Intensität -> 3 x 10 x 70kg
Woche 2: 3 x 9 mit 75% Intensität -> 3 x 9 x 75kg
Woche 3: 3 x 8 mit 80% Intensität -> 3 x 8 x 80kg
Dieses Schema so fortzuführen wird sehr wahrscheinlich nicht funktionieren, da die Steigerungen zu schnell und zu groß sind. In jedem Training mehr Gewicht für die gleiche Zahl an Sätzen und Wiederholungen zu schaffen, wird ab einem gewissen Trainingsniveau nicht mehr realisierbar sein. Deshalb empfiehlt sich Schema 2.
Bei diesem Schema erhöht sich von Woche zu Woche die Intensität, während die Wiederholungszahl geringer wird.
Eine Steigerung der relativen Intensität geht oft mit der Steigerung der absoluten Intensität einher. In anderen Worten ausgedrückt ist die relative Intensität der subjektiv wahrgenommene Anstrengungsgrad. Um diese auszudrücken gibt es verschiedene Skalen. Zur Einfachheit werde ich hier nur eine Skala erläutern. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, dann lies doch gerne meinen Artikel über relative Intensität.
Die Skala, die wir uns anschauen, ist die RIR-Skala. RIR steht für reps in reserve, zu deutsch Wiederholungen in Reserve. In der Praxis heißt das, wenn du einen Satz zu 2 RIR machst, dass du beispielsweise 8 Wiederholungen ausführst und noch 2 Wiederholungen in Reserve lässt. Mit maximaler Anstrengung hättest du demnach 10 Wiederholungen schaffen können. Generell ist es wichtig im Training nah am Muskelversagen zu trainieren. Je näher man sich dem Muskelversagen nähert, desto größer ist der gesetzte Stimulus, der Muskelaufbaureiz. Allerdings wird auch umso mehr Ermüdung/Erschöpfung aufgebaut, je näher man ans Muskelversagen kommt. Diese Erschöpfung bewirkt langfristig Leistungseinbußen. Daher macht es keinen Sinn jeden Satz bis zum Muskelversagen auszuführen. Es empfiehlt sich ein Bereich von 1 bis 4 RIR, in dem man sich aufhält. Dabei setzt man diesen Bereich so ein, dass man zu Beginn eines Trainingszyklus weiter entfernt vom Muskelversagen trainiert und sich über den Verlauf des Zyklus immer mehr dem Muskelversagen nähert. Das könnte vereinfacht wie folgt aussehen:
Woche 1:
Komplexe Übungen: 4 RIR
Isolationsübungen: 3 RIR
Woche 2:
Komplexe Übungen: 3 RIR
Isolationsübungen: 3 RIR
Woche 3:
Komplexe Übungen: 2 RIR
Isolationsübungen: 2 RIR
Woche 4:
Komplexe Übungen: 2 RIR
Isolationsübungen: 1 RIR
Woche 5:
Komplexe Übungen: 1 RIR
Isolationsübungen: 0-1 RIR
Wie du siehst, unterscheide ich hier nochmal zwischen komplexen Mehrgelenksübungen und Isolationsübungen. Da isoliertere Eingelenksübungen wesentlich weniger und oft auch kleinere Muskeln beanspruchen, häufen sie nicht so viel Ermüdung an. Deshalb können sie näher am Muskelversagen trainiert werden, als die Mehrgelenksübungen.
Die relative und absolute Intensität können zur Trainingsplanung miteinander und mit den anderen Parametern kombiniert werden.
Weitere, unpraktikable Parameter
Aufgrund der Vollständigkeit möchte ich noch kurz ein paar weitere Parameter erwähnen und erläutern, warum sie in der Realität zwar gelegentlich verändert werden können, aber in der Regel nicht sinnvoll für die progressive Belastungssteigerung einsetzbar sind.
Parameter 5: Frequenz
Frequenz bezeichnet in diesem Kontext die Häufigkeit der Muskelstimulation innerhalb eines Mikrozyklus. Da sich ein Trainingsplan in der Regel nicht wöchentlich komplett ändert, ist es auch nur schwer möglich die Frequenz für bestimmte Muskeln innerhalb eines Mikro- bzw. Mesozyklus zu erhöhen oder senken. Das würde nur zu Chaos führen, weil damit auch die Entwicklung der Kraftwerte anderer Übungen gestört ist. Denn wenn plötzlich am Vortag noch eine Frontkniebeuge reingequetscht wurde, ist es nicht verwunderlich, dass man am Folgetag nicht mehr so regeneriert und erholt für den Low-Bar-Squat ist, wie es die Wochen davor der Fall war. Falls es denn wirklich dringend ist, kann man bei kleineren Muskelgruppen wie Bizeps, Waden, Bauch oder Schulter mal die Frequenz innerhalb des Mesozyklus erhöhen. Die Effekte auf die Regeneration für die anderen Trainingstage werden hierbei nicht allzu hoch ausfallen. Allerdings stellt sich auch hier die Frage, ob es wirklich so dringend notwendig ist oder ob man nicht schlichtweg für den nächsten Mesozyklus eine höhere Frequenz plant. Hinzu kommt, dass eine Erhöhung der Frequenz in der Regel auch nur ein bis wahrscheinlich maximal zwei Mal möglich ist, denn man hat schließlich nur eine begrenzte Zahl an Trainingstagen innerhalb eines Mikrozyklus. Man kann also nicht wie beispielsweise bei Arbeitssätzen oder Wiederholungen immer und immer mehr machen. Dementsprechend bewirkt das Erhöhen der Frequenz auch nur diese ein, zwei, vielleicht drei Mal eine Störung der Homöostase. Dann war es das. Es gibt also nur zwei Fälle, in denen das Verändern der Frequenz innerhalb eines Mesozyklus sinnvoll ist.
Nummer 1: Die Frequenz für eine bestimmte Muskelgruppe (z.B. Quadriceps) war zu hoch und hat die Regeneration so stark beeinflusst, dass die Performance absinkt. Hierbei wird die Frequenz dann allerdings nicht nach oben, sondern nach unten geschraubt. Dabei muss man dann abwägen, ob es nur an der Frequenz lag oder möglicherweise auch das Gesamtvolumen zu hoch ist. Je nach dem lässt man die Übungen für den Quadriceps an diesem Tag einfach weg oder verteilt das Volumen dieses Tages auf den oder die anderen Tage an denen der Quadriceps trainiert wird.
Nummer 2: Das Erhöhen der Frequenz geschieht für eine kleinere Muskelgruppe, dessen Ausprägung temporär fokussiert werden soll. Vorraussetzung ist, dass die erhöhte Frequenz sich nicht nachteilig auf die Regeneration und Performance wichtigerer Übungen auswirkt. Dabei bedeutet “wichtiger” nicht, dass es per se wichtigere und unwichtigere Übungen gibt, sondern dass diese Übung im Kontext der Trainingsplanung aktuell wichtiger ist. Um ein kleines Beispiel zu geben: Für einen Powerlifter ist das Kreuzheben oder Variationen davon wichtiger, als das isolierte Bauchtraining, da das Kreuzheben eine Wettkampfdisziplin ist. Wenn eine Erhöhung der Frequenz für die Bauchmuskulatur zu einer verminderten Leistungsfähigkeit im Kreuzheben führt, möglicherweise aufgrund von fehlender Stabilität in der Rumpfmuskulatur, dann sollte man von der erhöhten Bauchfrequenz absehen. Birgt die Frequenzerhöhung keine negativen Auswirkungen oder sind die Auswirkungen vertretbar, dann go for it.
Beide Fälle bewirken jedoch keine bzw. nur bedingt eine progressiver Belastungssteigerung.
Parameter 6: Übungsauswahl
Ebenfalls unpraktisch anzuwenden ist eine Veränderung der Übungsauswahl. Obwohl das wahrscheinlich eine ziemlich große Störung der Homöostase mit sich bringt, bietet es keine wirklichen Vorteile, Übungen während eines Mesozyklus auszutauschen. Denn um in einer Übung stärker zu werden, muss man sie nun mal auch ausführen. Tauscht man die Übung aus, ist es schwieriger darin besser zu werden. Dennoch gibt es auch hier in Einzelfällen Gründe, dies zu tun.
Ein Fall wäre, dass die Übung plötzlich Schmerzen bereitet. Da braucht man denke ich nicht mehr viel zu sagen. Wenn eine Übung schmerzt und dieser Schmerz auch wirklich ein dauerhafter Schmerz ist und nicht einfach nur ein unangenehmes Gefühl, weil die Übung anstrengend ist oder ein einmaliges Schmerzauftreten, dann sollte man die Übung zunächst austauschen. Der nächste Schritt ist dann herauszufinden was den Schmerz verursacht hat und je nach Kontext abzuwägen, ob man die betreffende Muskulatur erstmal komplett umgeht, ob man um den Schmerz drum herum trainiert oder ob man vorsichtig dem Körper beibringt das Schmerzempfinden in dieser Position in der der Schmerz auftritt zu senken. Hier verweise ich an einen kompetenten (Sport-)Arzt und/oder Physiotherapeuten. In diesem Fall kann je nach Ausgangslage also eine Änderung der Übungsauswahl sinnvoll sein.
Ein weiterer Fall wäre, dass Übung XY sowieso bereits mehrmals in der Woche ausgeführt wird. Ist es eine Übung, die viel Regenerationskapazitäten beansprucht und man merkt, dass die Leistungsfähigkeit aufgrund fehlender Erholung sinkt, kann es sinnvoll sein, Übung XY gegen eine leichtere Übungsvariation auszutauschen, die weniger ermüdend ist, weil beispielsweise geringere Gewichte bewegt werden. So ist beispielsweise konventionelles Kreuzheben relativ ermüdend. Führt man es zwei oder sogar drei Mal die Woche aus, kann es durchaus vorkommen, dass man dadurch zu schnell zu viel Ermüdung anhäuft. Hier wäre es möglicherweise besser an einem der Tage das konventionelle Kreuzheben durch rumänisches Kreuzheben auszutauschen, was wesentlich weniger erschöpfend ist.
Auch hier haben beide Fälle ihre Daseinsberechtigung, tragen aber nicht wirklich zur progressiven Belastungssteigerung bei.

Ermüdungsmanagement
Training ist anstrengend. Und viele anstrengende Trainingseinheiten am Stück ermüden uns allmählich. Man fühlt sich irgendwann schlapp, kraftlos und nur mit großer Mühe kann man noch die Leistung erbringen, die man erbringen möchte. Aber das ist prinzipiell so gewollt. Diese Ermüdung ist die Folge der progressiven Überlastung. Tritt diese Ermüdung nie auf, ist das ein Indikator dafür, dass man weit unter seinem Potenzial trainiert. Diese Ermüdung kommt über verschiedene Wege zustande. Darunter zählen die Entleerung der Energiesubstrate, Störungen des Nervensystems, Störungen chemischer Botenstoffe (Hormone, inter- & intrazelluläre Signalwege, autokrines & parakrines System) sowie Gewebeschäden an Muskeln, Sehnen, Bändern, Knochen und so weiter. Details dazu sollen hier jetzt aber nicht Thema sein.
Es stellt sich nun die Frage, wie man denn dann trainieren sollte, wenn diese systemische Ermüdung gewollt ist, aber dennoch zu Leistungseinbußen führt. Die Antwort ist relativ einfach. Das Training muss so strukturiert sein, dass diese Ermüdung weder zu früh, noch zu spät zu groß wird und wenn sie zu groß wird, muss sie wieder abgebaut werden. Hier kommen die Methoden des Ermüdungsmanagements ins Spiel. Die am meisten verwendeten Methoden sind Pausetage, leichte Einheiten und Deloads.
Pausetage sollten für jeden verständlich sein. Wenn Montag, Dienstag, Donnerstag und Samstag Trainingstage sind, sind folglich Mittwoch, Freitag und Sonntag Pausetage. Der Pausetag zwischen zwei Trainingseinheiten sorgt dafür, dass man wieder so frisch und erholt wie möglich in das nächste Training geht. Pausetage können dabei wie in diesem Beispiel relativ fest in der Woche verankert sein, können aber auch abseits einer Wochenstruktur gesetzt sein, beispielsweise jeden zweiten Tag. Das kann bei einem Ganzkörpertraining gut funktionieren. Nach diesem Schema hätte man dann abwechselnd eine Woche mit 4 Trainingstagen und eine Woche mit 3 Trainingstagen. So weit so gut.
Um dir den effektiven Nutzen von leichten Einheiten zu erklären, ist es sinnvoll, wenn wir erstmal das Thema Deload abhandeln. Deloads werden dann eingesetzt, wenn die Ermüdung über den Verlauf der Trainingswochen zu hoch wird und abgebaut werden muss, damit die Leistungsfähigkeit nicht einbricht. Dadurch entsteht eine Trainingsplanung in Zyklen. Eine Phase mit mehreren Wochen Akkumulation gefolgt von einer Phase (i.d.R eine Woche) des Ermüdungsabbaus nennt man dann Mesozyklus. Eine sinnvolle Trainingsplanung ist dementsprechend in Mesozyklen aufgebaut. Jeder Mesozyklus besteht aus mehreren Mikrozyklen. Ein Mikrozyklus bezeichnet den Zeitraum bis der erste Trainingstag erneut trainiert wird. Um das ganze an einem Beispiel zu verdeutlichen: Du hast 5 verschiedene Trainingstage (Tag A, B, C, D und E). Sobald du alle Trainingstage absolviert hast und wieder Tag A ansteht, ist ein Mikrozyklus vorbei. In der Regel hat ein Mikrozyklus die Länge genau einer Woche. Ein Mesozyklus besteht also aus einer Reihe an Mikrozyklen (meist im Bereich 4-8 Mikrozyklen). Wiederum mehrere Mesozyklen mit dem gleichen Trainingsziel fasst man zusammen in einem “Trainingsblock”, welcher mehrere Monate dauert. Dadrüber gibt es dann noch die Bezeichnung Makrozyklus, welche meist für Wettkampfsportler den Zeitraum von einem bestimmten Wettkampf zum nächsten Stichtag beschreibt, beispielsweise immer ein Jahr von Meisterschaft zu Meisterschaft. Soweit zur Trainingsplanung. Jetzt wollen wir das Prinzip eines Mesozyklus aber mal Schritt für Schritt durchgehen:
Die Ermüdung soll nicht zu früh zu hoch sein. Dieser Fall wird dir widerfahren, wenn du zum einen sehr viel Volumen absolvierst und zum anderen dauerhaft direkt vor bzw. am Muskelversagen trainierst. 30 Sätze Bankdrücken die Woche und immer bis ans Limit, “damit die Titten wachsen” ist demnach nicht die beste Idee. Du solltest zu Beginn eher etwas “leichter” in den Mesozyklus einsteigen. Drei bis vier Wiederholungen vor dem Muskelversagen empfiehlt sich hier. Der gesetzte Reiz ist schon durchaus hoch, verursacht jedoch weniger Ermüdung wie ein Satz zu 0-1 Wiederholung vor dem Muskelversagen.

Über den Verlauf des Mesozyklus steigt dann die relative Intensität. Das heißt die Entfernung zum Muskelversagen wird geringer. In Woche 2 trainiert man bspw. mit 3 Wiederholungen vor dem Muskelversagen. In Woche 3 und 4 mit 2 Wiederholungen vor dem Muskelversagen, in Woche 5 mit einer Wiederholung vor dem Muskelversagen. So KÖNNTE der Verlauf aussehen. Hier spielen dann noch weitere Faktoren mit rein. Welche Übung, welchen Zweck hat die Übung, wie lang dauert der Mesozyklus und so weiter. In diesem Fall wäre in Woche 6 dann der Deload. Wenn man mit adäquatem Volumen trainiert, dann sollte dieser Deload jetzt auch notwendig sein.
Bezüglich des Volumens kann man ähnlich vorgehen wie mit der relativen Intensität. Das Volumen (in diesem Zusammenhang als die Anzahl anstrengender Arbeitssätze pro Woche gerechnet) kann statisch sein, sich also über den Verlauf des Mesozyklus nicht verändern. Es kann allerdings auch dynamisch sein. In diesem Fall beginnt man beispielsweise in Woche 1 den Mesozyklus mit 14 Sätzen pro Woche für Brustübungen bzw. bankdrückähnliche Bewegungen und fügt über die Wochen immer wieder 0-2 Sätze pro Woche hinzu bis man z.B. in Woche 5 bei 20 Sätzen pro Woche angekommen ist. Auch bei dieser Entscheidung, ob statisches oder dynamisches Volumen, kann man wieder keine pauschale Antwort geben, was besser oder schlechter ist. Es kommt wie bei so vielem auf die Situation an. Hier hilft ausprobieren.
Also halten wir fest: In den meisten Fällen ist es sinnvoll über den Verlauf eines Mesozyklus die relative Intensität zu steigern, was bedeutet, dass man immer näher am Muskelversagen trainiert. Gleichermaßen kann mit dem Trainingsvolumen verfahren werden. Dieses kann ebenfalls ansteigen, kann aber auch statisch gehalten werden.
Nächster Teil: Die Ermüdung soll ebenfalls nicht zu spät zu groß werden. Wenn du Monate lang immer weiter trainieren kannst ohne Probleme, dann trainierst du unter deinem Potenzial und könntest wesentlich schneller größere Fortschritte machen. Hierzu lege ich dir auch meinen Artikel zum optimalen Trainingsvolumen ans Herz. Effektives Training wird dich zwingen nach 4 bis 8 Wochen einen Deload zu benötigen. Ein Mesozyklus dauert also in der Regel etwa 4 bis 8 Wochen lang. Wie lang genau hängt von diversen Faktoren ab (Geschlecht, Körpergröße und -gewicht, Leistungslevel, Regenerationskapazitäten usw.) Wenn du also merkst, dass du bereits 10 Wochen vor dich her trainierst, ist es sehr wahrscheinlich, dass du dein Volumen um einiges steigern kannst und/oder bisher weit entfernt vom Muskelversagen trainierst. Für die Stellschraube Volumen kannst du ja einfach pauschal mal 2-4 Sätze mehr pro Woche pro Muskelgruppe absolvieren und schauen, wie sich dein Ermüdungslevel entwickelt.
Für die Stellschraube relative Intensität könnte es dir vielleicht helfen in einigen Übungen mal unter sicheren Bedingungen einen sogenannten AMRAP durchzuführen. Für einen AMRAP (as many reps as possible) wählst du ein Gewicht und machst mit dem Gewicht so viele Wiederholungen wie möglich sind, bis ans absolute Muskelversagen bzw. bis du dir ganz sicher bist, dass du keine weitere Wiederholung ohne technisches Abfälschen schaffst. Wähle dafür ein Gewicht bei dem du denkst du schaffst 10 Wiederholungen. Durch einen AMRAP lernst du wie sich die letzten Wiederholungen vor dem Muskelversagen anfühlen. Dadurch kannst du deine Sätze im regulären Training besser beurteilen.
Letzter Teil: Wenn die Ermüdung zu groß wird, ist es Zeit diese abzubauen. Hier kommt der Deload ins Spiel. Meistens wird ein Deload von genau einer Woche geplant. Es gibt verschiedene Möglichkeiten im Deload vorzugehen. In allen Fällen ist er eine Phase der Reduktion von Trainingsstress. Trainingsstress kommt durch Volumen und Intensität zustande. Dementsprechend wird im Deload das Volumen, die Intensität oder beides gesenkt. DIE beste Methode gibt es hier nicht. Was bei den meisten gut funktioniert, ist die Kombination aus Senkung sowohl der absoluten als auch relativen Intensität und an manchen Stellen das Volumen ein wenig zu senken. Beispiel: In der Akkumulationsphase hast du am Montag immer 4×8 Kniebeugen gemacht. Im Deload machst du stattdessen nur 3×5 mit dem Gewicht, was du in Woche 1 des Mesozyklus für das 4×8 bewegt hast. Man könnte also so vorgehen, dass man an der ein oder anderen Stelle einen Satz weglässt, generell in jeder Übung ein paar Wiederholungen weniger macht und ein Gewicht wählt, dass man zu Beginn des Zyklus in dieser Übung bewegt hat. Aber wie gesagt, das ist nur eine Methode von vielen, die funktionieren. In der Regel sollte hierdurch deine relative Intensität in etwa im Bereich 4-5 Wiederholungen vor dem Muskelversagen landen. Diese Entfernung garantiert, dass es nicht zu fordernd ist, du aber dennoch deine Fitness, also die “Übung in der Übung” beibehältst. Würdest du einfach eine komplette Woche gar nicht trainieren, wirst du wahrscheinlich ein wenig koordinative Fähigkeiten einbüßen. Der Deload zielt also darauf ab die Ermüdung zu reduzieren bei gleichzeitigem Beibehalten deines Fitnesslevels.
Was machst du aber, wenn du merkst, dass du bereits zwei Wochen vor dem geplanten Deload schon sehr erschöpft bist?
An dieser Stelle kommen leichte Einheiten ins Spiel. Auf höherem Trainingsniveau kann es zwar durchaus sinnvoll sein diese bereits fest einzuplanen, die meisten, die das hier gerade lesen befinden sich wahrscheinlich jedoch noch nicht auf einem solch hohen Trainingsniveau. Dennoch kommen leichte Einheiten auch hier gelegentlich in Frage und können spontan eingeschoben werden. Sie dienen uns unseren Zyklus zu strecken, also in die Länge zu ziehen. Natürlich könnte man auch den Deload vorziehen. Unter gewissen Umständen macht das auch Sinn, wenn wirklich der gesamte Körper sehr erschöpft ist. Häufig ist jedoch nur ein Teil des Körpers bereits sehr erschöpft, beispielsweise nur der Unterkörper. Schiebt man jetzt ein oder zwei leichte Trainingseinheiten ein, kann der Körper ein wenig angehäufte Erschöpfung abbauen und man kann noch ein paar weitere überlastende Wochen Training hinter sich bringen.
Das Einschieben von leichten Einheiten sollte gut durchdacht und abgewägt sein. Auf der einen Seite ist das Ziel so viel Zeit wie möglich überlastend zu trainieren. Wochen, in denen überlastend trainiert wird, sind Wochen, die uns voran bringen. Plant man den Zyklus so volumenreich, dass man den Deload jedes Mal vorziehen muss und somit immer in Woche 4 bereits den Deload hat, dann hat man von den 52 Wochen in einem Jahr effektiv nur 39 überlastende Wochen. Mit einer individuell optimalen Trainingsplanung ist für den Großteil der Trainierenden eine Zykluslänge von 6 Wochen inklusive Deload optimal. Hält man diese ein, plant das Trainingsvolumen korrekt, stimmt es auf die aktuellen Regenerationskapazitäten ab und kommt nicht in die Situation, dass man einen Deload vorziehen muss, hat man am Ende 44 überlastende Wochen im Jahr. Das sind ganze 5 Wochen mehr an Steigerungspotential. Ziel sollte es also sein so viele überlastende Wochen wie möglich mitzunehmen.
Auf der anderen Seite steigt das Verletzungsrisiko mit zunehmender Erschöpfung an. Eine Verletzung zu riskieren kann ins Auge gehen und am Ende möglicherweise mehrere Monate überlastendes Training kosten. Wenn also sowieso bereits der gesamte Körper sehr stark ermüdet ist, kann es auch sinnvoller sein, den Deload vorzuziehen und auf 1-2 Wochen überlastendes Training zu verzichten. Egal wie du dich am Ende entscheidest, du solltest in jedem Fall das Volumen für den kommenden Zyklus anpassen, damit dir dieser Fall nicht noch einmal passiert Das ganze bezieht sich wie gesagt nur auf Trainierende, die leichte Einheiten spontan einbauen.

Regeneration & Adaptation
Wir kennen vermutlich alle noch aus der Schulzeit das Abbildungsbeispiel der Superkompensation. Im Sport- oder Biologieunterricht wurde es in der Regel angesprochen. Und selbst wenn nicht, kennen es die meisten dennoch. Falls nicht, siehst du es hier rechts nochmal. Das Prinzip besagt, dass durch eine Belastung der Körper zunächst erschöpft wird und die Leistungsfähigkeit sinkt. Mit Bezug auf das Krafttraining merkt man dies in der Regel nach jedem anstrengenden Training. Man hat nicht mehr die Kraft wie vor dem Training. Im Anschluss erholt sich der Körper wieder von der Belastung. Die Leistungsfähigkeit steigt wieder an. Da der Körper aber schlau ist und nun diesen Grad der Belastung kennt, passt er sich dem an und wappnet sich für eine erneute Belastung dieser Art. Die Leistungsfähigkeit steigt also über das ursprüngliche Level hinaus an.

Nach dem Schema wie man es ursprünglich gelernt hat, folgt während der Phase der Superkompensation, also dann, wenn die Leistungsfähigkeit am höchsten ist, eine erneute Belastung, die größer ist als die erste, um erneut eine Superkompensation hervorzurufen und das Leistungslevel auf eine noch höhere Stufe zu bringen und immer so weiter.
Dieses Prinzip ist nicht ganz verkehrt, kann aber nicht 1 zu 1 auf das Krafttraining angewandt werden. Das Problem ist nämlich, dass wir unseren Körper nur als System trainieren können und nicht als Einzelteile. Das soll heißen, dass es durchaus schwierig wird deine Beine zu trainieren ohne, dass das Kniegelenk, die dort liegenden Bandstrukturen, Menisken und so weiter daran beteiligt sind. Und mit schwierig meine ich: nicht möglich. Das ist auch nicht weiter schlimm, nur muss man deshalb bedenken, dass Muskeln, Knochen, Knorpel, Bänder, Faszien und so weiter alles unterschiedliche Strukturen sind, die unterschiedlich stark durchblutet sind. Das hat zur Folge, dass alle diese Strukturen ihre ganz eigene Anpassungskurve haben. Und nicht nur die unterschiedlichen Strukturen in unserem Körper, sondern auch die verschiedenen trainingsinduzierten Anpassung haben ihre eigene Kurve. Im groben haben wir das Hypertrophie, Kraft und Koordination. Je nach ausgeübter Sportart und Zeitpunkt in der Phasenplanung ist eine der vielen Anpassungskurven die “wichtigste”. Man kann sich nicht nach allen richten. Denn während die Muskeln schon wieder fit sind und auch die koordinativen bzw. technischen Fähigkeiten frisch regeneriert sind, befindet sich die Superkompensationskurve der Hypertrophie gerade vielleicht noch in der Erholungsphase und die restlichen Gewebestrukturen sind noch komplett erschöpft. Dem muss man sich im klaren sein. Und das ist auch der Grund, warum langfristig eine Phasenplanung nahezu unumgänglich ist und die Anwendung von ermüdungsabbauenden Methoden wie zum Beispiel Deloads fast schon ein Muss ist. Ohne solche Maßnahmen sinkt nach einiger Zeit die Leistungsfähigkeit enorm, die passiven Strukturen schmerzen vor Überlastung und die Verletzungsgefahr steigt. Da wir also mehr als ein System bei diesem Vorgang betrachten müssen, kann das Prinzip der Superkompensation hier nur als vereinfachte Darstellung der Prozesse dienen. Die dauerhaft und gleichzeitig ablaufenden Vorgänge sind demnach die Regeneration & Adaptation. Schlussendlich lässt sich aus den verschieden langen Anpassungskurven ableiten, dass für den Großteil der Trainierenden die meiste Zeit in der Trainingsplanung eine Frequenz von 2-4x Training pro Muskelgruppe pro Woche am besten geeignet ist. Innerhalb dieser Spanne kommt es dann wiederum darauf an welche Muskeln trainiert werden, wie hoch der Trainingsumfang und die bewegte Gesamtlast ist, wie die Muskelfaserverteilung ist, wie gut die Durchblutung ist und so weiter. Simpel heruntergebrochen kann man sagen, dass in den meisten Fällen kleinere Muskeln mit einer höheren Frequenz trainiert werden können als größere Muskeln.
Was man ebenfalls hieraus ableiten kann ist, dass nach einigen Wochen eine kurze Phase des Ermüdungsabbau zu empfehlen ist (Deload), und nach einigen Monaten eine etwas längere Phase (2-4 Wochen), die manchmal als Dekonditionierungsphase bezeichnet wird. Eine solche Phase hat zum einen den Vorteil, dass man sich von der Menge an Trainingsvolumen entwöhnt und wieder sensibler dafür wird, ergo fallen die Anpassungen an das Trainingsvolumen wieder höher aus. Zum anderen und in diesem Zusammenhang wichtiger: Die passiven Strukturen wie Bänder, Sehnen etc. können sich (nahezu) vollständig regenerieren. Im Vergleich zur Muskulatur benötigen diese Strukturen nämlich mehrere Wochen zur kompletten Erholung.
Die Versteifung auf eine völlige Regeneration ist also nicht nur nicht möglich, sondern auch nicht notwendig. Wenn man anfängt den Körper nicht mehr in Einzelteile zu zerlegen, stattdessen den Körper als System betrachtet und auch nicht mehr in Muskelgruppen gliedert, sondern den Fokus auf Bewegungen legt (statt “Brust, Schulter, Trizeps” werden “drückende Übungen” trainiert), wird die Trainingsplanung einfacher und wahrscheinlich zielführender. Es ist demnach auch überhaupt nicht schlimm mehrere Tage hintereinander dieselbe Muskulatur zu belasten. Weil eben Regenerations- und Adaptationsprozesse dauerhaft ablaufen.

Variation
Variation meint regelmäßige Veränderung. Das kann die Übung betreffen, den Wiederholungsbereich, die Bewegungsgeschwindigkeit, die Intensität und so weiter. Den ersten Kontakt mit dem Prinzip der Variation haben die meisten im Fitnessstudio, wenn sie irgendwo den Begriff “Muskelverwirrung” hören. Das ist allerdings sehr simplifiziert und eine Verwirrung findet dort auch nicht direkt statt, jedoch ist der Gedanke dahinter gar nicht komplett abwegig. Doch gehen wir die Gründe für Variation im Training mal Punkt für Punkt durch.
Zu allererst: Braucht man Variation? Die Antwort: Ja, definitiv. Allerdings sollte man bei Variation darauf achten sie weder zu frequent noch zu infrequent anzuwenden. Alle 2 Wochen alle Übungen austauschen wird dich nicht weiter bringen. Jahrelang den gleichen Trainingsplan durchzuziehen wird allerdings ebenfalls nicht optimal sein. Einen festen Zeitraum nach wie vielen Wochen/Monaten Variation einsetzen sollte gibt es nicht. Genauso wird es auch nicht nötig sein direkt alles umzuwerfen. Variation kann dann eingesetzt werden, wenn Anzeichen auftreten, dass es nötig wird und dann auch in dem Ausmaß wie es denn nötig ist. Es verlangt hier ein wenig Fingerspitzengefühl.
Für den Einsatz von Variation gibt es verschiedene Gründe. Ein Punkt ist die sogenannte Anpassungsresistenz, welche sich nach einer Weile bemerkbar macht. Falls du schon eine Weile trainierst, hast du möglicherweise bereits Erfahrungen damit gemacht. Führst du eine Übung neu aus, kannst du dich in den ersten Wochen und Monaten schnell verbessern in dieser Übung. Du bemerkst sowohl einen Kraftzuwachs als auch eine Verbesserung deiner Technik und Koordination in der Übung. Je länger du die Übung ausführst, desto geringer werden jedoch die Steigerungen und Verbesserungen. Die Anpassungen kannst du dir als negative Rückkopplung vorstellen. Je mehr du etwas machst, desto weniger Effekt hat es. Je mehr, desto weniger. Je mehr Geld du ausgibst, desto weniger hast du auf deinem Konto. Je mehr Essen du isst, desto weniger Hunger hast du. Ein simples Prinzip, welches auch im Kraftsport gilt. Abgesehen davon, dass ein und derselbe Trainingsplan nach ein paar Monaten sehr langweilig wird, werden also auch deine Kraft- und Muskelzuwächse geringer werden.

Diese Anpassungsresistenz bezieht sich dabei nicht nur auf Übungen, sondern auch auf andere Trainingsvariablen, wie beispielsweise das aktuell primäre Ziel (Bsp.: Hypertrophie) und somit der überwiegend im Training vorherrschende Wiederholungsbereich. Trainierst du eine längere Zeit in höheren Wiederholungsbereichen werden die Anpassungen, die du durch diese Wiederholungsbereiche erfährst geringer werden. Trainierst du lange Zeit mit hohem Volumen, werden deine Anpassungen durch dieses Volumen geringer. Eine Phase mit weniger Volumen kann deinen Körper wieder für Volumen sensibilisieren und dafür sorgen, dass er nach dieser Phase wieder besser auf einen höheren Trainingsumfang anspricht.
Aber nicht nur Anpassungsresistenzen, sondern auch das Vermeiden von Überlastungserscheinungen und Verletzungen sind Grund für regelmäßige Variation im Training. Vor allem die passiven Strukturen sind davon betroffen. Sehnen, Bänder und Knochen passen sich ebenfalls an die Belastungen an, denen sie im Training ausgesetzt werden, benötigen allerdings mehr Zeit sich von diesen Belastungen zu erholen wie Muskeln. Der Zeitraum von einer Trainingseinheit bis zur nächsten, der für die Muskeln ausreichend ist um wieder (fast) vollständig erholt zu sein, der reicht für die passiven Strukturen bei weitem nicht aus. Das macht aber nichts. Durch das Einplanen von regelmäßigen Deloads und gelegentlichen Phasen leichten Trainings oder Dekonditionierungszyklen können auch diese Strukturen sich erholen. Was jedoch auf Dauer schief gehen kann, ist eine immer und immer komplett gleiche Belastung. Dadurch nimmt der belastete Teil der Strukturen immer mehr an “Leistungsfähigkeit” ab. Wenn über Monate hinweg die Zug- und Druckbelastungen aus den immer gleichen Winkeln kommt, die Belastungsspitzen im immer gleichen Punkt auftreten, kann man sich das so vorstellen als wenn man in diesen Regionen müde und nachgiebig wird. Das ist in etwa so, als ob man eine schwere Tasche tragen muss für eine längere Strecke. Trägt man diese Tasche mal in der linken Hand, mal in der rechten Hand und mal mit beiden Händen vor sich, fällt es einem leichter als die Tasche durchgängig nur auf einer Seite zu halten, da man bei dem einseitigen Tragen irgendwann müde wird und die Kraft verliert. So kann man sich das auch mit passiven Strukturen vorstellen. Ohne regelmäßige Variation sind diese Strukturen mehr und mehr erschöpft. Müssen sie jetzt auch noch im erschöpften Zustand immer weiter Belastungen standhalten, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie diesen bald nicht mehr gewachsen sind. Eine Zerrung, ein An- oder Abriss oder ein Bruch können im schlimmsten Fall die Folge sein. In der Regel sind es allerdings zunächst erstmal nur Überlastungserscheinungen, die einen aber dennoch mehrere Monate Training kosten. Ein weiterer Aspekt, der ebenfalls auftreten könnte, ist psychologischen Ursprungs. Je nach Person kann durch die immer gleiche Übung ein Gefühl falscher Sicherheit entstehen, nach dem Motto “Die Übung kann ich im Schlaf”. Folgen können Überheblichkeit, Unvorsichtigkeit und mangelnde Konzentration bei der Übungsausführung sein. Hierdurch kommt es ebenfalls schnell zu Verletzungen/Überlastungserscheinungen. Insgesamt muss die Variation auch überhaupt nicht riesig sein, um den gewünschten Effekt zu haben. Es reicht beispielsweise schon von einem breiten Rudern auf ein enges Rudern umzusteigen oder vom Flachbankdrücken auf ein enges Bankdrücken, von einer Lowbar-Kniebeuge auf eine Highbar-Kniebeuge. Was uns zum letzten Aspekt führt, den wir bei der Anwendung von Variation beachten sollten.
Variation ist gut und wichtig. Was aber immer noch höhere Priorität hat ist das Prinzip der Spezifität. Wenn es keinen direkten Grund dafür gibt sehr unspezifisch zu trainieren, sollte man das auch nicht unbedingt tun. Je spezifischer die Variation ist (Bsp.: Schrägbankdrücken ist spezifischer zum Bankdrücken als Butterfly), desto besser ist der Übertrag auf die Übung, die man hauptsächlich verbessern möchte. Dabei sollte die Variation mit fortschreitendem Trainingsniveau immer spezifischer werden. Je fortgeschrittener man wird, desto mehr profitiert man von Spezifität. Das liegt darin begründet, dass das Bewegungsmuster der Hauptübung bereits sehr perfektioniert ist. Veränderungen an der Technik, welche durch andere Übungen geschult werden sollen, finden hier in den meisten Fällen nicht mehr statt. Wenn man also bei einem Anfänger von Variation spricht, kann das bei dem Beispiel der Kniebeuge der Wechsel von einer Lowbar-Kniebeuge auf eine Frontkniebeuge für ein paar Monate sein. Bei einem sehr fortgeschrittenen oder Elite-Athleten ist es dann wahrscheinlich eher der Wechsel von einer Lowbar-Kniebeuge auf eine (Lowbar-)Tempo-Kniebeuge oder Pin-Kniebeuge. Natürlich kann die Variation auch auf hohem Leistungsniveau größer sein, ist allerdings häufig nicht der Fall.
Zusammenfassend: Variation ist wichtig, sollte nicht zu selten und nicht zu häufig eingesetzt werden und die variierte Übung sollte immer einen erkennbaren Zweck haben. Letztendlich ist Variation jedoch noch immer dem Prinzip der Spezifität unterlegen.

Phasenunterteilung
Die Phasenunterteilung meint die Gliederung der langfristigen Trainingsplanung in Trainingsabschnitte, die ein genau definiertes Ziel verfolgen. Die langfristige Trainingsplanung kann gleichgesetzt werden mit einem Makrozyklus. Innerhalb des Makrozyklus werden immer ein oder mehrere Mesozyklen zusammengefasst, in denen ein bestimmtes Ziel fokussiert wird und durch das Arbeiten an diesem Ziel ein Potenzial für die darauffolgende Trainingsphase geschaffen wird. Schauen wir uns das ganze an einem Beispiel an. In unserem Beispiel ist heute der erste Januar des Jahres. Ende Dezember möchtest du einen Krafttest machen und schauen, was sich in einem kompletten Jahr bei dir getan hat. Nutzt du eine Phasenunterteilung könnte dein Trainingsjahr in etwa wie folgt aussehen:
Januar bis Mitte Mai: Fokus Hypertrophie
Mitte Mai bis Ende Juni: Fokus Kraft
Juli bis Mitte Oktober: Fokus Hypertrophie
Mitte Oktober bis Ende November: Fokus Kraft
Anfang bis Ende Dezember: Fokus Peaking (Vorbereitung auf maximale Lasten)
Ende Dezember: Stichtag, Krafttest
Aber warum überhaupt gliedern und unterschiedliche Schwerpunkte fokussieren? Nun ja, weil obwohl alles davon Krafttraining ist, unterschiedliche Effekte hervorgerufen werden. Muskelaufbau ist mit höheren Wiederholungsbereichen sowohl zeiteffizienter als auch weniger ermüdend. Alles auf einmal trainieren zu wollen (Hypertrophie, Kraftzuwachs und Maximalkraft), funktioniert weniger gut als die Qualitäten nacheinander gezielt auszuprägen. Durch die gegliederte Struktur baut man zudem für die jeweils nachfolgende Phase Potenzial auf. Das heißt Muskelaufbau bietet Potenzial für Kraftzuwachs. Kraftzuwachs wiederum bietet Potenzial für eine höhere Maximalkraft und für den Aufbau weiterer Muskelmasse. Ein größerer Muskel kann mehr Muskelfasern rekrutieren und somit mehr Kraft aufbringen. Ein stärkerer Muskel kann wiederum mehr Gewicht bewegen und somit höhere mechanische Reize setzen.
Du siehst, es spielt sich beides in die Karten und die eine Qualität profitiert von der anderen, sofern die Qualitäten nicht zum gleichen Zeitpunkt abgefragt werden. Das zeigt sich auch ganz gut dadurch, dass die Maximalkraft, vor allem bei fortgeschrittenen Sportlern, in einer Hypertrophiephase sinkt. Hiervor braucht man keine Angst haben, das ist ganz normal.
Schließlich verbreiterst du gerade das Fundament deines Hochhauses. Ein breiteres Fundament hilft dir langfristig ein höheres Hochhaus zu bauen. Du kannst allerdings nicht unten am Fundament bauen und gleichzeitig oben an der Spitze. Als Anfänger und leicht fortgeschrittener wird das vielleicht noch funktionieren, aber später wird es sehr schwer sein, beide Qualitäten zeitgleich zu verbessern. Denn letztendlich ist Kraft wieder spezifisch. Wenn du also eine Weile mit höheren Wiederholungen trainierst, wirst du stärker auf höheren Wiederholungen werden.

Ein weiterer Grund für die Phasenunterteilung ist, dass die jeweils folgende Phase das Potenzial hat, die Errungenschaften der vorangegangenen Phase zu erhalten. Das heißt eine Kraftphase hat zwar ein reduziertes Gesamtvolumen, jedoch immer noch genug, um die aufgebaute Muskelmasse in der Hypertrophiephase zu erhalten. Je nach Planung kann man natürlich auch in der Kraftphase noch an Muskulatur zulegen, hierauf liegt jedoch nicht der Fokus. In der Kraftphase wird dann die zuvor aufgebaute Muskulatur stark gemacht. Wenn im Anschluss an die Kraftphase ein Peaking ansteht, hat die Peakingphase ebenfalls das Potenzial die dazugewonnen Kraftgains zu erhalten, sofern das Peaking nicht zu lang gezogen wird.
Im Peaking sinkt das Gesamtvolumen sehr stark, die Intensität ist sehr hoch und das Ziel ist, dass das zentrale Nervensystem auf maximale Lasten vorbereitet wird und somit so viele Muskelfasern wie möglich in kürzester Zeit rekrutiert. Das Volumen ist im Peaking so gering, dass kein Muskelaufbau zu erwarten ist, jedoch die Kraftzuwächse für einige Wochen konserviert werden. Zieht man das Peaking jedoch zu lange, kann es aufgrund des geringen Volumens zur Muskelatrophie kommen.
Eine weitere Grundlage für die Phasenunterteilung haben wir bereits im Abschnitt “Variation” kennengelernt – die Anpassungsresistenz. Sie bezieht sich eben nicht nur auf Übungen, sondern auch auf alle Arten der Anpassungen. Somit stoßen wir auch bei den Zielsetzungen ob Muskelaufbau oder Kraftzuwachs auf Anpassungsresistenz. Nach einer Weile des Trainings werden die Ergebnisse geringer werden. Der Körper spricht nicht mehr so gut auf hohe/niedrige Wiederholungen an wie zu Beginn, die Kraftzuwächse schmälern sich. Jetzt wäre es an der Zeit in die nächste Phase zu wechseln, um dem Körper einer anderen Art von Reiz auszusetzen und ihm Zeit zu geben sich wieder für die Art des zuvor gesetzten Reizes zu sensibilisieren.
Drei Aspekte, die noch erwähnt werden sollten:
1. Ein Peaking ist keine Notwendigkeit. Wenn für dich kein Maximalkrafttest in irgendeiner Form ansteht, brauchst du kein Peaking. Dann wechselst du einfach von der Kraftphase wieder zurück in eine weitere Hypertrophiephase.
2. Nur weil man sich in einer Kraftphase befindet und das primäre Ziel ist, die bisher aufgebaute Muskulatur stark zu machen, heißt das nicht, dass man nur noch niedrige Wiederholungen im Training macht. Behält man eine gewisse Menge “Hypertrophietraining”, fällt es einem leichter eine höhere Arbeitskapazität, also die Fähigkeit viel Volumen zu regenerieren, beizubehalten. Diese Fähigkeit muss also nicht erst wieder komplett neu aufgebaut werden, wenn man aus einem längeren Kraftblock in einen Hypertrophieblock wechselt. Umgekehrt wird es auch von Vorteil sein, in der Hypertrophiephase nicht komplett unspezifisch und nur mit hohen Wiederholungszahlen zu trainieren. Der ein oder andere schwere Satz pro Woche sorgt dafür, dass du die Kraft, die du im letzten Kraftblock aufgebaut hast, nicht im nächsten Kraftblock erneut aufbauen musst, sondern sie konsiervierst und später neue Kraft darauf aufbauen kannst.
Hier zeigt sich wieder sehr deutlich, dass es eben keine Extreme geben sollte, sondern man sich nicht komplett von dem einen ab- und dem anderen zuwenden sollte. Natürlich verschiebt sich der Fokus, aber das heißt nicht, dass man alles was davor war komplett aus den Augen verlieren muss.
3. Die benötigte Menge der unterschiedlichen Phasen verschiebt sich im Laufe der Trainingskarriere. Ein Anfänger hat noch so gut wie keine Muskelmasse aufgebaut. Er profitiert also hauptsächlich von Hypertrophiephasen. Für ihn genügt es, wenn er beispielsweise nach einem halben Jahr Hypertrophietraining immer mal einen Kraftblock von ein bis maximal zwei Mesozyklen einschiebt und dann erneut längere Zeit Hypertrophie fokussiert. Denn Hypertrophie bildet das Fundament.
Je mehr man dann Richtung Elite blickt, desto mehr profitiert man von mehr Zeit in Kraftblöcken. Die aufgebaute Muskelmasse ist schon sehr nah am “genetischen Maximum” und viel mehr Muskulatur wird man nicht mehr aufbauen. Der Fokus wird also mehr und mehr darauf liegen die vorhandene Muskelmasse spezifisch stark zu machen.

Individuelle Unterschiede
Es gibt zwei verschiedene Arten der individuellen Unterschiede. Zum einen die Unterschiede zwischen Dir und jemand anderem, zum anderen die Unterschiede zwischen Dir heute und Dir in zwei Jahren. Auch deine eigenen Bedürfnisse ändern sich mit der Zeit. Besprechen wir zunächst kurz wie welche Faktoren die Unterschiede innerhalb einer Person, also die intraindividuellen Unterschiede beeinflussen, bevor wir die Unterschiede verschiedener Personen uns anschauen.
Intraindividuelle Unterschiedliche werden maßgeblich durch den Lebensstil beeinflusst. Die genetischen Voraussetzungen sind schließlich dieselben. Der Lebensstil beinhaltet wieder die drei Hauptfaktoren, die auch deinen Trainingsumfang beeinflussen. Etwas ausführlichere Erklärungen dazu findest du auch im Artikel “Volumen“. Es geht hierbei um Ernährungsgewohnheiten, Schlafgewohnheiten und Stress. Nach diesen Faktoren richtet sich der maximale Trainingsumfang, von dem du dich erholen kannst – dein MRV (Maximum Recoverable Volume).
Neben diesen drei Faktoren, die wir willentlich beeinflussen können, gibt es allerdings noch etwas, das sich unweigerlich immer weiter ändert: Das Trainingsalter bzw. Leistungsniveau. Auch hierdurch wird bestimmt, wie viel Trainingsumfang zum aktuellen Zeitpunkt deiner Trainingskarriere für dich optimal ist. Und weil der Körper so schön komplex ist, kann man auch hier wieder in verschiedene Faktoren gliedern, die eine pauschale Aussage, mit welchem Trainingsalter wie viel Trainingsumfang optimal ist, unmöglich machen. Um nur ein kleines Beispiel zu geben: Je länger man trainiert, desto höher wird die Arbeitskapazität, also die Menge an Volumen, die man regenerieren kann (bis zu einem gewissen Grad natürlich nur). Gleichzeitig aber werden die bewegten Gewichte im Laufe der Trainingskarriere immer höher, was zu höheren Muskelschäden führt, wodurch sich wiederum die Regenerationszeit verlängert, ergo kann man sich wieder nur von weniger Trainingsstress erholen. Du siehst wie wunderschön kompliziert alles sein kann. Auch die generellen Ansprüche an die Ausprägung von Qualitäten ändert sich. Je mehr Muskelmasse bereits aufgebaut wurde, desto weniger wird der Fokus auf dem Aufbau weiterer Muskelmasse liegen. Es wird zunehmend wichtiger die vorhandene Muskelmasse spezifisch stark zu machen (sofern nicht reines Bodybuilding das Ziel ist).
Kommen wir jetzt zu den interindivuellen Unterschieden. Die größte Rolle spielt hierbei ganz klar die Genetik. Sie bestimmt wie gut deine Regeneration ist, wie groß du bist, welches Geschlecht du hast, wie deine Muskelfaserverteilung ist und wie deine Anthropometrie ist, also wie du gebaut bist und welche Übungsauswahl dementsprechend für dich am meisten Sinn macht. Aber alles Schritt für Schritt:
Deine Regenerationsfähigkeit wird zum einen schonmal generell von deiner Genetik bestimmt. Manch einer erholt sich von dem exakt gleichen Trainingsstress schneller wie jemand anderes. Neben der Genetik spielt hierbei dann wie auch oben schon erklärt der Lebensstil eine Rolle. Jemand mit genetisch bedingt guter Regeneration kann am Ende dennoch eine schlechtere Erholung vom Training haben, Ernährung, Schlaf und Stress miserabel sind, als jemand, der zwar genetisch weniger gesegnet ist, jedoch seinen Lebensstil zur besseren Regeneration hin optimiert hat.
Auch die Körpergröße ist genetisch bestimmt. Größere Menschen haben mehr Muskelmasse und längere Extremitäten. Mehr Muskelmasse bedeutet, dass auch mehr Gewebeschäden durch das Training entstehen und dass die bewegten Gewichte höher sind, als bei kleineren Menschen. Beides führt zu längeren Regenerationszeiten. Längere Extremitäten bedeuten, dass bei jeder Übung der zurückgelegte Weg von Start- zur Endposition länger ist. Demnach wird physikalisch mehr Arbeit verrichtet. Mehr Arbeit = mehr Ermüdung für den Muskel, ergo ebenfalls längere Regeneration. Gleichzeitig relativiert dieser längere Weg, der zurückgelegt werden muss, wieder das vermeintlich höhere Gewicht, welches bewegt werden kann. Und erneut sehen wir, wie schön kompliziert alles sein kann.
Das Geschlecht wird wohl neben der Genetik den größten Unterschied machen. Durch das Geschlecht wird bestimmt, dass Frauen im Durchschnitt kleiner sind, geringere Testosteronwerte haben, weniger Muskelmasse besitzen und die Muskulatur tendenziell mehr aus langsamzuckenden Typ-1-Muskelfasern besteht. Den Einfluss der Körpergröße haben wir gerade schon besprochen. Der niedrigere Testosteronwert hat zur Folge, dass Frauen weniger Muskulatur aufbauen können, als Männer. Weniger Muskelmasse und weniger Potenzial zum Aufbau neuer Muskelmasse führt logischerweise dazu, dass die bewegten Gewichte geringer sind und weniger Gewebeschäden infolge des Trainings entstehen. Die Dominanz von Typ-1-Muskelfasern (auch Slow Twitch Fibres oder STF genannt) bewirkt, dass Frauen bzw. alle Menschen, deren Muskulatur vermehrt aus STF besteht, schlechter viele Muskelfasern auf einmal rekrutieren können und somit eine geringere Maximalkraft haben im Vergleich zu Menschen, die FTF-dominant (Fast Twitch Fibre) sind. Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass STF-dominanten Menschen zum einen stärker auf höhere Wiederholungen sind und zum anderen Gewichte knapp unterhalb ihrer Maximalkraft für mehr Wiederholungen bewegen können.
Unabhängig vom Geschlecht spielt dann natürlich generell die Kraft eine Rolle sowie damit einhergehend wie nah eine Person am Höhepunkt ihrer Trainingskarriere ist. Je stärker die Person, desto höher sind die bewegten Gewichte. Im Laufe der Trainingskarriere verändern sich auch zwei wesentliche Marker: Die Zeit, die es braucht, bis Ermüdung abgebaut wird und die Zeit, die es braucht, bis die Fitness abgebaut wird. Der Begriff Fitness schließt hierbei alle erforderlichen Qualitäten für das Erbringen von Leistung ein, sprich Kraft, intra- und intermuskuläre Koordination, Technik etc.
Glücklicherweise verschieben sich beide ziemlich zeitgleich und in die gleiche Richtung. Mit zunehmendem Trainingsalter verlängert sich die Regenerationszeit. Die Zeit bis Anpassungen verschwinden verlängert sich jedoch ebenfalls. Das heißt darüber muss man sich keine Sorgen machen, sondern es nur bei der Trainingsplanung berücksichtigen.
Ein weiterer Aspekt, der vermutlich generell, aber spätestens nach den letzten Trainingsprinzipien klar sein sollte, ist dass die aktuelle Zielsetzung ebenfalls einen sowohl intra- als auch interindividuellen Unterschied darstellt. Mit Zielsetzung sind Muskelaufbau, Kraftzuwachs und Maximalkrafttraining gemeint. Dieser Unterschied bezieht sich sowohl auf die Phase des Trainings (steht demnächst ein Wettkampf o.Ä. an?) als auch auf das Leistungsniveau. Wie bereits weiter oben in diesem Artikel erwähnt profitiert beispielsweise ein Anfänger mehr von Hypertrophietraining als ein Fortgeschrittener oder ein Eliteathlet.
Nicht zuletzt wird auch die Anthropometrie, also wie der Körper gebaut ist, einen Unterschied im Training zweier Sportler machen. Die Länge der Körperteile im Verhältnis zueinander bestimmt wie eine optimale Übungsausführung für jeden einzelnen aussieht. So wird jemand, der verhältnismäßig lange Oberschenkel und einen langen Oberkörper hat bei der Kniebeuge sehr viel weiter vorgelehnt beugen müssen. Jemand, der im Vergleich dazu kurze Oberschenkel und einen kurzen Oberkörper hat, kann sehr viel aufrechter kniebeugen. Für den ersten wird es wichtiger sein, seinen Rücken zu stärken, der zweite wird mehr davon profitieren sich auf den Quadriceps zu fokussieren. Dementsprechend könnte eine sinnvolle Assistenzübung für den ersten Athleten Good Mornings oder Rumänisches Kreuzheben sein, für den zweiten Athleten könnten Frontkniebeugen hilfreich sein.